Welche Verantwortung haben wir als (Reise)Blogger?

Urlaub schon gebucht?

Zufällig bin ich auf die Blogparade von www.taklyontour.de gestoßen und sah mich mit einem Thema konfrontiert, das mich auch schon öfter mal gestreift hat, aber dem ich mich noch nicht so richtig stellen wollte.

Ja, ok, um die Wahrheit zu sagen habe ich es vor mir hergeschoben und mich damit herausgeredet, dass ich überhaupt nicht genug Leser habe, um mich jetzt schon damit auseinandersetzen zu müssen. Nun ist es aber sehr eindringlich zu mir zurückgekommen und ich kann nicht mehr kneifen.

Welche Verantwortung haben eigentlich Reiseblogger.

Ich zähle wahrscheinlich am ehesten zu Reisebloggern, auch wenn ich nur über eine Mini-Gegend auf unserem schönen Planeten schreibe. Und für mich sind beim Thema Verantwortung die Natur und der ökologische Fußabdruck am wichtigsten. Die Verantwortung, die ich Dir gegenüber habe, nehme ich sowieso ernst – und setze ich irgendwie auch voraus. Ich hoffe, dass Du Dich hier sicher fühlst und weißt, dass ich Dir meine Eindrücke, Erfahrungen und Meinung wiedergebe und Fakten aufmerksam recherchiere. Ich will Dich nicht manipulieren oder Dir eine Meinung aufzwingen, genauso wenig würde ich für Geld etwas wiedergeben, was mir nicht passt oder entspricht. Das ist für mich die Voraussetzung für digitales Vertrauen.

Aber was ist mit den Gegenden, in die wir reisen und über die Reiseblogger schreiben?


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meine Art des Umweltschutzes

Ich habe eine ausgeprägte “Grüne Seele”. Ungerechtigkeit war mir schon immer ein Gräuel und für mich gibt es nichts Ungerechteres als den menschlichen Umgang mit Tieren und Umwelt.

Deswegen versuche ich, mich so gut es geht “ökologisch sinnvoll” zu verhalten. Wir essen wenig Fleisch, Asiagerichte mit Huhn für 4,99 € sind eine Katastrophe. Wenn man stattdessen nur Gemüse nimmt, schmeckt es genauso gut. Um Plastik zu sparen, benutzen der Mann und ich Seife statt Duschgel, er kauft sein Shampoo in 1 Liter Flaschen, ich benutze Haarseife, ich mache große Teile der Kosmetik und Putzmittel selber, habe seit neuestem Stofftaschentücher und einen Coffee-to-go-Bambus-Becher. Mein aktuelles Projekt ist, Frischkäse selber herzustellen. Das ist so lächerlich einfach, dass ich mich wundere, wieso ich das erst jetzt entdeckt habe. Und wieso man den cremigen Genuss lieber in Plastikschale mit Aluschutzfolie und Plastikdeckel kaufen sollte, wenn es doch so einfach auch ohne geht.

Aber dennoch musste ich erst lernen, wie das mit dem Umweltschutz für mich funktionieren kann. Mich ökologisch derartig leise zu verhalten, dass ich fast gar keinen Fußabdruck hinterlasse, schränkte meine Lebensqualität so ein, dass mich der Druck ganz irre machte. Von allen Seiten prasseln “So nicht” und “Mach mal so” und “Wenn Du es richtig machen willst, dann nur so und nicht anders” auf einen ein. Irgendwann wusste ich nur noch, was alles falsch ist, aber nicht, was ich kaufen, essen oder machen darf. Der Druck war ordentlich.

Ich musste mir klar machen, dass ich die Welt nicht im Alleingang retten kann und musste einen Weg für mich finden. Klar macht es einen Unterschied, ob ich ohne Rücksicht auf Verluste konsumiere oder das bewusst tue. Aber wenn ich mir einmal eine Flugmango kaufe, geht deswegen die Welt nicht gleich unter, doch mich macht es glücklich. Es muss für mich passen und darf mich nicht stressen. Und es sollte noch Lebensqualität für mich übrig bleiben. Seitdem mache ich in meinem Tempo kleine Veränderungen, mit denen ich gut zurechtkomme.


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Aber wie ist das beim Reisen?

Unsere letzte Flugreise haben wir 2009 gemacht. Mit dem Hund geht das sowieso nicht, das würden wir ihm nicht antun. Wir fahren also Auto, weil wir mit ihm auch nicht in einen Zug steigen wollen, falls das überhaupt erlaubt ist. Er würde jeden begrüßen, ob der das nun will oder nicht. Und irgendwann muss er sich ja auch mal die Beine vertreten… Wiederum aufgrund des Hundes, der den ganzen Kofferraum sein eigen nennt, haben wir eine Dachbox und dürfen deswegen nicht schneller als 120 km/h fahren, was ja angeblich eine Geschwindigkeit ist, bei der der Schadstoffausstoß noch vertretbar ist.

Ab und an lese ich auf anderen Blogs von unglaublichen Mengen an Reisen, die in einem Jahr unternommen wurden. Es ist dann für einen Angestellten völlig normal, zweimal in die Karibik und einmal nach Asien zu fliegen und Sommerurlaub sowie Wochenenden kreuz und quer durch Europa zu touren. In einem einzigen Jahr! Warum wundert sich keiner darüber, dass solche Reisen von Berufseinsteigern überhaupt finanziert werden können? Wie kann das sein, dass Fernreisen derart billig sind?

Sowieso finde ich es beängstigend, mit welcher Nonchalance Fernreisen heutzutage als Recht empfunden werden. Sind diese Reisenden überhaupt noch aufgeregt, wenn sie in dem fremden Land ankommen? Können sie sich noch auf die andere Kultur einlassen? Oder ist es ihnen eigentlich egal, wo sie sind, weil sie nicht lange genug bleiben, um echtes Interesse zu entwickeln?

Die sogenannten “digitalen Nomaden” haben etwas in Gang gesetzt, was mich ziemlich nachdenklich stimmt. Klar ist es schön, sich seinen Laptop unter den Arm zu klemmen und am Strand Texte zu verfassen. Aber mal ehrlich: macht das irgendwer? Ich sage nur: Sand im Gehäuse und zerkratze Monitore. Und seinen Platz kann man den ganzen Tag lang auch nicht verlassen, weil ja jeder sieht, dass man teures Equipment dabei hat. Also ich würde meinen Laptop nicht unter ein Handtuch schieben, um kurz im Meer zu planschen oder auch nur auf die Toilette zu gehen. Besonders nicht, wenn ich weit weg und auf das Gerät angewiesen bin, weil ich sonst zurück nach Hause muss. Das glaube ich diesen ganzen hübschen Storys mal gar nicht.

Und das zweite, was mich allerdings eher sauer als nachdenklich stimmt, ist die “Aufteilung der Welt” in hippe Orte und alle anderen. Warum ziehen die digitalen Nomaden nie durch Europa? Warum ist es nur cool, wenn mehrere Tonnen CO₂ für die Anreise in die Atmosphäre geblasen wurden? Die sammeln sich alle in Asien und Australien – Stichwort Banana-Pancake-Trail – und feiern sich für ihren Nonkonformismus. Ist das nicht irre langweilig, wenn man nur Seinesgleichen um sich herum hat?

Tanja hat in ihrem Einleitungsartikel zu dieser Blogparade noch ein weiteres Thema angesprochen, das mir auch schon in den Kopf kam:

wenn man auf seinem Blog Insidertipps gibt und dann alle nachkommen, dann ist es ja gar kein Insidertipp mehr!

Wie geht man als Reiseblogger damit verantwortungsvoll um?

Als ich mit diesem Blog angefangen habe, tat ich das aus zwei Gründen: um anderen die schönen Ecken der Côte d’Azur zu zeigen, damit sie die Chance haben, sich genauso in diese tolle Gegend verlieben zu können, wie ich das getan habe. Und um den digitalen Nomaden einen Denkanstoß zu geben, dass man nicht immer bis Asien oder Australien fliegen muss, man kann auch in Europa mit Laptop am Strand sitzen und sich unabhängig fühlen.

Aber was weiß ich denn, wen ich überhaupt erreiche? Vielleicht finden Trophäenjäger meine Artikel, die ihre Reise nur durch ihr Kameradisplay erleben? Hauptsache schöne Bilder und Videos für Social Media, damit ihre Follower grün vor Neid bleiben. Die jagen dann von einem meiner Lieblingsorte zum nächsten, ohne Respekt für Umgebung und Einheimische, werfen ihren Müll aus dem Fenster ihrer Spritschleudern und fegen mit aufgedrehten Bässen wie ein Alptraum von einem Fotospot zum nächsten.

Tja, schwere Frage.

Um alles für sich zu behalten, ist es längst zu spät. Die Welt ist nicht mehr so groß, wie noch zu Goethes Zeiten, der manches Mal als erster Reiseblogger überhaupt bezeichnet wird. Nicht mal mehr so groß wie noch vor 50 oder gar 20 Jahren. Wenn man für 99 € eine Woche Urlaub inklusive Flügen und Hotel buchen kann, dann verliert man schnell den Respekt für die Reise. Das ist wie mit Aldi-Produkten. Da fällt das Wegwerfen auch nicht so schwer wie bei den Dingen, die man selber angebaut hat.

Und dann ist Tourismus für die Länder ja auch eine wichtige Einnahmequelle. Ihnen das zu nehmen, wäre nicht fair. Kerstin von paradise-found hat sich zum nachhaltigen Reisen ein paar Gedanken gemacht. Ihr Artikel hat mir gut gefallen.

Mein Versuch für eine Lösung

Mein Lösungsvorschlag ist das Vorleben von Respekt. Das versuche ich auch hier auf meinem Blog. Ich habe die Hoffnung, dass ich mit meiner Wertschätzung für diese Gegend ansteckend wirke und dass es hilft, darauf hinzuweisen, wie wunderschön die Pflanzenwelt ist und wie schwierig es für die Einheimischen ist, sich den Touristenströmen gegenüberzusehen, wie alt manche Gebäude sind und wie wertvoll beispielsweise die Unterwasserwelt ist.



In meinen Reiseführern versuche ich, das Tempo zu drosseln, zum Innehalten und bewussten Atmen zu animieren, damit man nicht nur durch die Welt hetzt, sondern beim Entschleunigen auch merkt, wo man ist und wie schön es dort ist. Der Gedanke, dass es schade wäre, wenn das vergeht, kommt dann hoffentlich von alleine. Was man liebt, schützt man, oder?



Bei meiner Ausbildung zum Fotografen hatten wir einen Leitsatz:

Man verlässt eine Location so, wie man sie vorgefunden hat.

Das hieß aber nicht nur, dass wir keine Pflanzen ausreißen und keine Löcher in Wände schlagen, sondern auch, dass wir immer eine Mülltüte dabeihaben. Auch wenn wir das Haus von jemandem gemietet hatten, haben wir unseren eigenen Müll wieder mitgenommen und nicht bei den Besitzern gelassen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Und dennoch bin ich kürzlich fast eine Stunde auf den Knien rumgerutscht, außer mir vor Ärger, als ich an einer meiner Lieblingsbadestellen über die Überbleibsel eines Hochzeitsshootings gestolpert bin. Ich habe sogar ein paar Tage bei Instagram nach dem Bild gesucht, um einen bitterbösen Kommentar zu hinterlassen. Die Wiese war voll mit roten Plastikblütenblättern und die Leute sind einfach gegangen. Wind kam auf und wehte die Blätter Richtung Meer. Wie kann man so etwas machen? Es ist doch ein leichtes, echte Rosenblätter zu nehmen, die verrotten wenigstens. Ich habe zwei Kotbeutel und bald eine Stunde gebraucht, bevor ich alle eingesammelt hatte.


badebuchten an der corniche d'or

Tja, so ist das: die gehen einfach und hinterlassen nichts als verbrannte Erde. Irgendwer wird schon aufräumen. Und irgendwer räumt ja auch immer auf…

Eine bessere Lösung als das Vorleben von respektvollem Umgang habe ich auch nicht. Darauf zu hoffen, dass es eine Selbstregulierung jedes Einzelnen gibt, habe ich aufgegeben. Der moderne Mensch ist zu egoistisch und wird zu wenig zu einer Verhaltensänderung ermutigt.

Rücksichtnahme muss Trend werden. Es muss cool sein und viel Anerkennung bringen, wenn man sich bewußt verhält. Wenn es ein Instagram-Trend ist, werden viele folgen, da bin ich mir sicher.

(Nachtrag: Apropos Instagram Trend: Alexandra hat sich #take1piece ausgedacht. Lies hier, was sie dazu zu sagen hat.)

Bis dahin werde ich weiter versuchen, schöne Fleckchen an der Côte d’Azur vorzustellen und dabei Wertschätzung für die Gegend zu vermitteln. Aber ich werde vermehrt darauf hinweisen, wie schützenswert diese Region ist, das nehme ich von diesem Artikel für mich mit. Hoffentlich fällt mir dazu ein guter Weg ein, damit ich nicht wie eine mit erhobenem Zeigefinger fuchtelnde Spaßbremse rüberkomme…

Weitere Artikel, die zum Nach- und / oder Umdenken anregen:


Wie stehst Du zu dem Thema? Ich freue mich über regen Austausch

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